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Titel:

Fahrergerechte Gestaltung eines ACC-Systems durch Analyse von Grenzsituationen

Autor(en):
G. Nirschl, M. Kopf
Zusammenfassung:
Es wurde das Zusammenwirken zwischen dem Fahrer eines Kraftfahrzeugs und einem ACC-System (ACC = Adaptive Cruise Control) zur automatischen Geschwindigkeits- und Abstandsregelung in Grenzsituationen im realen Verkehr untersucht. Grenzsituationen entstehen aus normalen Verkehrssituationen durch Fehler beim technischen System (z.B. Systemausfall) oder beim Fahrer (z.B. falsche bzw. fehlende Informationsaufnahme, falsches Systemverständnis) oder auch durch unvorhergesehene Änderungen der äußeren Situation (z.B. plötzliches Einscheren anderer Fahrzeuge). Aufbauend auf einer begrifflichen Einordnung von Grenzsituationen wurden experimentelle Untersuchungen mit Versuchsfahrzeugen entworfen und durchgeführt. Ziel der Versuchsfahrten war es, die Auswirkungen unterschiedlicher Beschränkungen der bei Systemeingriffen auf gewandten Bremsverzögerung auf das Fahrverhalten, auf die subjektive Beurteilung des Risikos, der Beherrschbarkeit, das Systemverständnis sowie auf die Komfort- und Sicherheitseinschätzung zu untersuchen, wobei insbesondere der zeitliche Verlauf solcher Parameter über mehrere Versuchsfahrten hinweg von Interesse war. Außerdem wurde untersucht, ob und welche Präferenzen sich evtl. bei verschiedenen Fahrertypen bezüglich unterschiedlicher ACC-Systemvarianten herausbilden. Es wurden 3 Systemvarianten überprüft (weich, mittel, hart), die sich grundsätzlich in der Begrenzung der Bremsverzögerung (Schleppmoment= ca. -0,5 m/s^2, -1 m/s^2, -3 m/s^2) und im zeitlichen Folgeabstand (2,1 s, 1,8 s, 1,5 s) unterschieden. In den Experimenten wurden Versuchspersonen in "gestellten" ACC-Situationen (unterschiedlich "kritische" Folge- und Annäherungssituationen mit geringer, mittlerer oder hoher Eingriffsprovokation) beim Umgang mit dem ACC-System beobachtet und befragt. Dazu wurden während der Fahrten Meß- und Videodaten aufgezeichnet und von den Versuchspersonen jeweils subjektive Einschätzungen der durchfahrenen ACC-Situationen erhoben. Nach den Fahrten wurden jeweils in ausführlichen Fragebögen pauschale Eindrücke zum Einsatz der ACCVarianten erfragt. Die meisten Versuchspersonen konnten bereits nach kurzer Zeit ACC-Situationen einordnen, die immer ohne bzw. immer mit Eingriff zu bewältigen waren. Mit der harten ACC-Variante brauchte grundsätzlich nur in wenigen, kritischen Situationen eingegriffen zu werden. Mit der weichen Variante konnten nur solche Situationen ohne Eingriff durchfahren werden, die geringe Anforderungen an die Systemreaktion stellten. Interessant unter dem Aspekt "Grenzsituationen" war vor allem die Kombination mittlere ACC-Variante bei nicht eindeutig eingriffsfordernden oder nicht eingriffsfordernden ACC-Situationen. Aufgrund welcher Merkmale sich Fahrer jeweils für bzw. gegen den Eingriff entschieden, ist besonders im Hinblick auf die Ableitung von Fahrermodellparametern interessant. Die zeitliche Entwicklung des Eingriffsverhaltens (Lernen) war vor allem innerhalb der einzelnen Versuchsfahrten offensichtlich. Globale Veränderungen bei zeitlich, im Abstand von wenigen Tagen aufeinanderfolgenden Wiederholungsfahrten waren weniger auffällig, aber vorhanden. Die mentale Beanspruchung, die über eine Nebenaufgabe ermittelt wurde, ging bei den meisten Versuchspersonen bei den Wiederholungsfahrten zurück. Ebenso wie beim Eingriffsverhalten, waren bei der subjektiven Einschätzung der Vorhersagbarkeit, des Risikos und der Beherrschbarkeit bei ACC-Situationen individuell unterschiedliche Ausprägungen vorherrschend. Bei der vergleichenden, subjektiven Beurteilung der ACC-Varianten wurde überwiegend die harte Variante bevorzugt. Insgesamt wurde die ACC-Funktion eher als Komfort-, denn als Sicherheitsausstattung eingeordnet.
Veranstaltung:
39. Fachausschusssitzung Anthropotechnik der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt - Lilienthal-Oberth e.V.
Medientyp:
Conference Paper
Sprache:
deutsch
Format:
14,8 x 21,0 cm, 17 Seiten
Veröffentlicht:
DGLR-Bericht, 1997, 1997-02, Menschliche Zuverlässigkeit, Beanspruchung und benutzerzentrierte Automatisierung; S.145-161; 1997; Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt - Lilienthal-Oberth e.V., Bonn
Preis:
NA
ISBN:
ISSN:
Kommentar:
Klassifikation:
Stichworte zum Inhalt:
anthropotechnik
Verfügbarkeit:
Bestellbar
Veröffentlicht:
1997


Dieses Dokument ist Teil einer übergeordneten Publikation:
Menschliche Zuverlässigkeit, Beanspruchung und benutzerzentrierte Automatisierung