H.H. Weigand

Die Anforderungen an die Werkstoffe für den Flugkörperbau unterscheiden sich zum Teil erheblich von denen des Flugzeugbaues. Außer der auch im Flugzeugbau bekannten Forderung nach möglichst geringem Konstruktionsgewicht ist bei Flugkörpern mit extremen Temperaturbeanspruchungen zu rechnen, wobei die Werkstoffe sowohl sehr hohen als auch sehr tiefen Temperaturen ausgesetzt sind. Allerdings liegen die Beanspruchungszeiten nur bei Minuten bis zu einigen Stunden. Titanlegierungen besitzen bis zu Temperaturen von etwa 500 °C ein hohes Verhältnis von Festigkeit zu spezifischem Gewicht, wenn die im Flugzeugbau üblichen Beanspruchungszeiten bis etwa 1000 Stunden zu Grunde gelegt werden. Auch bei tiefen Temperaturen sind Titanlegierungen durch günstige Eigenschaften gekennzeichnet, wenn durch eine geeignete Wärmebehandlung eine den Anforderungen entsprechende Gefügeausbildung erreicht wird. Außerdem ist ein geringer Gasgehalt zur Sicherstellung einer ausreichenden Tieftemperaturzähigkeit und zur Verringerung der Kerbempfindlichkeit notwendig. Ausgehärtete Titanlegierungen sind bei tiefen Temperaturen im allgemeinen kerbempfindlicher als geglühte Legierungen. Für die bei Flugkörpern auftretende Stoßbeanspruchung hinsichtlich Temperatur und Belastung können die in den üblichen Zug- und Zeitstandversuchen erhaltenen Festigkeitswerte nur begrenzt als Berechnungsgrundlage verwendet werden. Versuche mit schnell ansteigender Temperatur und Belastung zeigen, daß bei nur kurzzeitiger Beanspruchung Titanlegierungen auch bei Temperaturen oberhalb 500 °C eingesetzt werden können. Auch die Verarbeitbarkeit ist für die Verwendung im Flugkörperbau wichtig. Die Forderung nach guter Schweißbarkeit ist nur von a-, schwachlegierten (a ß)- und ß-Legierungen zu erfüllen. Hinsichtlich der Kaltverformbarkeit sind die ß-Legierungen den Legierungen mit a-Gefügeanteilen deutlich überlegen.

WGL-Tagung 1961, Freiburg im Breisgau

Conference Paper

deutsch

A4, 6 Seiten

Jahrbuch der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt, 1961, Jahrbuch der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt; S.461-466; 1962; Braunschweig : Vieweg

NA

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1962