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Titel:

Grundlagen der bordeigenen Flugnavigation

Autor(en):
K. Ramsayer
Zusammenfassung:
Die bordeigene Flugnavigation hat seit etwa 1943 eine stürmische Entwicklung durchgemacht. Die Triebkräfte hierfür waren die Forderung der Militärluftfahrt nach einer störfesten, bodenunabhängigen Navigationsmöglichkeit und die Lenkung von Raketen. Seit einigen Jahren wird die bordeigene Navigation in zunehmendem Maße auch in der Zivilluftfahrt angewendet, da sich immer deutlicher zeigt, daß auch hier die Funknavigation als alleinige Navigationshilfe nicht allen Anforderungen gerecht werden kann. Die bordeigene Navigation ist aus der klassischen Koppelnavigation hervorgegangen, bei welcher der Flugweg durch Integration der Eigengeschwindigkeit und der Windgeschwindigkeit ermittelt wird. Diese Navigationsart ist sehr ungenau, weil die früheren Methoden der Windbestimmung mit Hilfe von Isohypsenkarten oder Erfliegen des Windes sehr ungenau sind. Die unmittelbare Messung der Grundgeschwindigkeit mit Hilfe des Dopplereffekts bedeutete deshalb einen entscheidenden Fortschritt. Bei der Dopplernavigation werden mehrere Mikrowellenstrahlen vom Flugzeug ausgestrahlt und nach Reflexion an der Erdoberfläche wieder empfangen. Aus der Frequenzverschiebung .zwischen den ausgestrahlten und den reflektierten Wellen können die Grundgeschwindigkeit und die Abtrift mit einer Genauigkeit von 1 % bis 0,1 % bzw. 1 ° bis 0,1 ° ermittelt werden. Die Dopplernavigation ist mit etwas geringerer Genauigkeit auch über See anwendbar, wenn der Seegang mindestens der Beaufortskala 2 entspricht. Um mit den Messungsdaten der Doppleranlage navigieren zu können, muß noch die Richtung der Flugzeuglängsachse mit einer kreiselstabilisierten Magnetkompaßanlage oder einem genauen Kurskreisel ermittelt werden. Dann können aus der nach Größe und Richtung bekannten Grundgeschwindigkeit mit Hilfe eines Koppelrechners der Flugweg, der Kurs zum Ziel und eventuell weitere Navigationsgrößen ermittelt werden. Es hat sich gezeigt, daß z. Z. das schwächste Glied der Dopplernavigation der Kompaß ist. Es wird deshalb intensiv daran gearbeitet, den Kompaß zu verbessern. Eine weitere umwälzende Verbesserung der Koppelnavigation ist die Inertialnavigation. Hier wird die Beschleunigung relativ zu einer kreiselstabilisierten Plattform gemessen und daraus der Flugweg durch zweimalige Integration abgeleitet. Die Plattform muß laufend sehr genau horizontiert und nach Norden ausgerichtet sein, was eine Abstimmung als Sehuferpendel voraussetzt. Sie stellt also gleichzeitig einen sehr genauen Horizont und Kompaß dar. Die Inertialnavigation stellt extreme Anforderungen an die Fertigung. Sie soll jedoch für Flugzeiten unter einer Stunde genauer sein als die Dopplernavigation. Alle Koppelnavigationsverfahren haben den Nachteil, daß ihre Genauigkeit mit wachsender Entfernung von der letzten genauen Standorteinstellung abnimmt. Sie müssen deshalb von Zeit zu Zeit durch eine genauere Ortsbestimmung korrigiert werden. Hierzu eignet sich, wenn man nicht auf eine bodengestützte Funkortung zurückgreifen will, die astronomische Ortung oder die Ortung nach Bodensicht. Bei der astronomischen Navigation wird der Standort durch Messen der Zenitdistanzen zweier Sterne ermittelt. Hierzu muß die genaue Lotrichtung bekannt sein. Letztere wird z. Z. durch Mittelung der Anzeige eines Libellen- oder Pendelhorizonts über etwa 2 Minuten auf etwa ± 5 Minuten genau bestimmt, was einer Genauigkeit der Astrostandlinie von ± 5 Seemeilen entspricht. Voraussetzung für den universellen Einsatz der Astronavigation sind die Peilbarkeit der Sterne bei Tag und Nacht, ein genauer Horizont, eine genügend genaue Erfassung des Flugwegs zwischen den beiden Beobachtungen und eine automatische Peilung und Auswertung. Alle diese Voraussetzungen sind heute schon vorhanden oder realisierbar. Es sollte deshalb alles getan werden, die Astronavigation w.eiterzuentwickeln, da sie das genaueste und zuverlässigste Fernnavigationsverfahren ist. Eine weitere Verbesserung der bordeigenen Navigation ist durch Kombination der verschiedenen bordeigenen Verfahren möglich. So kann z.B. durch Kombination einer Doppler- mit einer Inertialanlage erreicht werden, daß sich die Plattform während des Fluges selbständig nach Norden und nach dem Lot ausrichtet und daß die kurzzeitigen Schwankungen der Dopplergeschwindigkeitsmessung und das Anwachsen der Inertialgeschwindigkeitsfehler eliminiert werden. Das genaueste bordeigene Navigationssystem dürfte zur Zeit die Kombination eines Bordradargerätes, das ein kartenähnliches Bild des vorausliegenden Geländes liefert, mit einem Inertialsystem, das den Standort in der Karte anzeigt, sein. Bei dieser Kombination kann die Standortanzeige von Zeit zu Zeit durch Vergleich des Radarbildes mit der Kartenanzeige korrigiert werden.
Veranstaltung:
WGL-Tagung, Köln, 1960
Medientyp:
Conference Paper
Sprache:
deutsch
Format:
21,0 x 29,7 cm, 8 Seiten
Veröffentlicht:
Jahrbuch der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt, 1960; S.233-240; 1960; Braunschweig : Vieweg
Preis:
NA
ISBN:
ISSN:
Kommentar:
Klassifikation:
Stichworte zum Inhalt:
Verfügbarkeit:
Bestellbar
Veröffentlicht:
1961


Dieses Dokument ist Teil einer übergeordneten Publikation:
Jahrbuch der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt 1960