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Titel:

Die Bedeutung der Luftfahrt für den Wiederaufbau Deutschlands

Autor(en):
L. Brandt
Zusammenfassung:
Nach den langen Jahren, in denen dem deutschen Volke jede Beschäftigung mit Flugtechnik und Flugbetrieb verboten war, liegt die Frage nahe, ob der Wiederaufbau einer Luftfahrttechnik für Deutschland wirklich eine notwendige Aufgabe ist oder ob vielleicht auf eine eigene Luftfahrtforschung und Luftfahrtindustrie ganz verzichtet werden sollte. Diese Frage wird eindeutig dahingehend beantwortet, daß der Wiederaufbau nicht nur notwendig, sondern vielmehr eine äußerst dringende und wichtige Aufgabe für die ganze deutsche Volkswirtschaft ist. Die Flugtechnik ist eines der technischen Gebiete, das durch seine weitgehenden und höchsten Anforderungen ganz allgemein ein Schrittmacher moderner Technik ist und sich daher in weitem Maße auf fast alle anderen Industriezweige mehr oder weniger fördernd auswirkt. Ein Land, das wie Deutschland derartig von seiner Industrie abhängig ist, kann es sich keinesfalls leisten, auf die vielen Impulse zu verzichten, die von der Luftfahrttechnik immer wieder ausgehen. Es wird versucht anzudeuten, welche Arbeiten vordringlich geleistet werden müssen, welche Schwierigkeiten uns erwarten und in welcher Weise in der einen oder anderen Hinsicht bereits eine gewisse Vorarbeit geleistet werden konnte. Die Deutsche Lufthansa wurde vor einigen Monaten unter ihrem alten Namen wieder gegründet. Bedauerlicherweise ist ihr durch die bisher nur bereitstehenden Mittel ein Rahmen gezogen worden, der in keiner Weise einen Vergleich mit der alten deutschen Lufthansa von vor dem Kriege zuläßt. 4 Flugzeuge vom Typ Convair 340 und 4 Super Constellation wurden in den USA erworben und warten darauf, daß Deutschland durch die internationalen Verträge die Erlaubnis zum Betrieb dieser Flugzeuge erhält. Etwa 150 Flugzeuge besaß die Lufthansa vor dem Kriege, und sie war gemeinsam mit der Air France führend in dem einzigen Überseeverkehr, der damals durchgeführt wurde, nämlich zwischen Europa und Südamerika. Der Weg wird schwer sein, bis der gute alte Name zurückerobert ist, und keinesfalls werden die bisherigen 8 Flugzeuge dazu ausreichen. Alle Anstrengungen müssen gemacht werden, um der Gesellschaft die erforderlichen Mittel zur Vergrößerung bereitzustellen. Am Beispiel des Aufbaus der deutschen Handelsflotten nach dem Kriege zeigt sich, daß dies möglich ist. Im Ausbau der Flughäfen ist in den letzten Jahren bereits vieles geleistet worden, und die stetig steigende Zahl der Passagiere beweist die Richtigkeit. Auch auf dem Gebiete der Flugsicherheit ist vieles getan worden, aber manches noch zu tun, und auch hier ist die Bereitstellung der erforderlichen Mittel die Kernfrage. Modernste GCA-Radar-Landeanlagen sowie dreidimensionale Raumüberwachungsgeräte müssen beschafft werden, um entsprechend dem neuesten Stande der Technik die Sicherheit des Luftverkehrs immer weiter zu steigern. Die größten Schwierigkeiten werden beim Aufbau der Luftfahrtindustrie auftreten. Hier wurde bei der Demontage wirklich ganze Arbeit geleistet, und die technische Entwicklung, die in den vergangenen 10 Jahren sprunghaft weitergegangen ist, erlaubt es in vieler Hinsicht nicht, dort einfach weiterzumachen, wo man 1945 stehengeblieben war. Abgesehen davon, daß Arbeitsgruppen, die im Rahmen eines Betriebes produktive Arbeit leisten sollen, eine gewisse Zeit brauchen, um zusammenzuwachsen, werden auch die notwendigen Investitionen, die im Hinblick auf die modernen Fertigungsverfahren nun einmal unumgänglich notwendig sind, erhebliche Finanzierungssorgen bereiten. Für eine Luftfahrtforschung werden seit zwei Jahren gewisse Vorarbeiten geleistet und auch gewisse Mittel bereitgestellt. Gemessen an der Breite des Arbeitsgebietes sind auch diese Mittel bisher keinesfalls ausreichend. Immerhin ist ein Anfang gemacht, und man darf hoffen, daß die wieder ins Leben gerufenen bekannten deutschen Forschungsstätten, wie die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt sowie die Deutsche Forschungsanstalt für Luftfahrt bald ihre guten alten Namen wiederherstellen werden. Ein Problem, das in gleicher Weise alle Gebiete berührt, ist die Ausbildung von Nachwuchskräften. Hier wird sich die Lücke der vergangenen 10 Jahre wohl am nachhaltigsten bemerkbar machen. Eine große Verantwortung tragen die deutschen Länder, denn bei ihnen liegt die Fürsorge für die Technischen Hochschulen und Universitäten. Mit Dankbarkeit wird erwähnt, daß eine bekannte britische Stelle einigen deutschen Ingenieuren die Möglichkeit zu mehrjähriger fachlicher Einarbeitung angeboten hat. Daß in der Bevölkerung der Gedanke der Luftfahrt trotz der schweren Jahre lebendig geblieben ist und daß gerade die Jugend bereit ist, sich wieder mit Begeisterung dafür einzusetzen, zeigt sich auf dem Gebiet des Luftsports. Die Zahl von 1400 Segelflugzeugen, die die einzelnen Gruppen sich unter z. T. schwersten finanziellen Opfern selbst gebaut oder beschafft haben, und die etwa 45 000 Mitgliedern der im Deutschen Aero-Club zusammengeschlossenen Luftsportgruppen sind der beste Beweis dafür.
Veranstaltung:
WGL-Tagung, Duisburg, 1954
Medientyp:
Conference Paper
Sprache:
deutsch
Format:
21,0 x 29,7 cm, 7 Seiten
Veröffentlicht:
Jahrbuch der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt, 1954, Band I, ; S.35-41; 1954; Braunschweig : Vieweg
Preis:
NA
ISBN:
ISSN:
Kommentar:
Klassifikation:
Stichworte zum Inhalt:
Verfügbarkeit:
Bestellbar
Veröffentlicht:
1955


Dieses Dokument ist Teil einer übergeordneten Publikation:
Jahrbuch der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt 1954